Der Starr unter den Headhuntern.
Volker Starr und Reinhard Stiehl kennen sich schon seit Schulzeiten. „Damals war ich mit dem Mädchen zusammen, mit dem er gehen wollte“, erzählt Volker Starr, „wir sind trotzdem Freunde geworden.“ Eine Männerfreundschaft, die erst so richtig auflebte, als Starr und Stiehl sich in den 90er Jahren beruflich wiederbegegneten. „Ich trug mein Haar nicht mehr offen und Volker war inzwischen bartlos“, erinnert sich Reinhard Stiehl.
Es dauerte eine Weile, bis sich der Marketing- und Personalleiter Starr und der Agenturchef Stiehl in einem Meeting wiedererkannten. Seitdem haben sich die beiden nicht mehr aus den Augen verloren und verbinden stets das Angenehme mit dem Nützlichen. »Wenn wir uns treffen, geht berufliches und privates nahtlos ineinander über«, erklärt Volker Starr das besondere Verhältnis der beiden, »für uns ist das bereichernd.«
Management Manufaktur
Als der Headhunter für seine Management Manufaktur StarrConsult über eine neue Website nachdachte, wandte er sich an … Reinhard Stiehl. Seine Website zeigt … Volker Starr – ins Bild gesetzt von einer Starfotografin, die keine sein will: Philine von Sell, selbst Unternehmensberaterin, Hochschulprofessorin, Filmemacherin und eben Fotografin.
„Volker und Philine sind Wahlverwandte“, wusste Reinhard Stiehl, noch bevor er die beiden für ein Shooting zusammenbrachte. „Beide haben diese besondere Vorstellung von Unternehmensethik, wie man sie heute nur noch sehr selten antrifft: respektvoll und ehrlich.“ Philine von Sell fotografierte Volker Starr in seinem Büro und diese Fotos sind das erste, was dem Besucher auf der schlichten WordPress-Website von StarrConsult ins Auge fällt.
Es geht um Persönlichkeiten und da sagt ein Bild tatsächlich manchmal mehr als tausend Worte. Aber auch die Worte können sich sehen lassen:
Ja, wir sind Headhunter. Nein, wir suchen kein Personal. Wir finden Persönlichkeiten.
Und weiter:
Gesucht werden wir von Klienten, die andere Wege des Recruitings und der Personalentwicklung gehen wollen als die gewohnten. Gefunden werden wir von Kandidaten, die nicht nur eine berufliche Herausforderung, sondern auch eine berufliche Heimat suchen.
Employee-Branding-Experte Starr, der sich nach dem Studium in Berlin und Tel Aviv, der General Management Ausbildung in St.Gallen und Ashridge und beruflichen Stationen bei Global Playern wie Toshiba und Mercedes Benz sowie mittelständischen Marktführern wie Brötje und Piepenbrock im Jahr 2008 selbstständig machte, hat seine ganz eigene Auffassung zum Thema Executive Search, sein Anspruch lautet:
»Headhunting. Handverlesen.«
Volker Starr:
Wer sich heute auf das Beherrschen der Internetsuchwege und käuflicher oder eigener Datenbanken konzentriert und dies als die Kunst des Headhunting bezeichnet und hieraus sein professionelles Selbstverständnis ableitet, greift, gelinde gesagt, zu kurz. Die Kunst erfolgreichen Headhuntings liegt im Finden.
Selbst gefunden werden – zum Beispiel im Internet – ist für Volker Starr aber nicht vorrangig.
Wir brauchen keine ausgeklügelte SEO-Strategie. Mehr als neunzig Prozent unserer Aufträge erhalten wir über Empfehlungen. Wenn ein Klient oder ein Kandidat den Kontakt zu uns gefunden hat und sich im Internet informieren will, soll er angenehm überrascht werden.
Sieht sich der Besucher auf der Website von StarrConsult um, stößt er neben den „StarrTools“ (StarrFinder und StarrCreator) irgendwann unweigerlich auf das „StarrTeam“ und seinen Expertenkreis: Unternehmensberater und Coaches, die Volker Starr u.a. als Impulsgeber und Supervisoren hinzuzieht.
Darunter auch ein langjähriger Freund: Reinhard Stiehl.
Mark Hollis und die Band »Talk Talk«
„Talk Talk“ war zweifellos die innovativste Band der 80er Jahre. Nach drei überaus erfolgreichen Pop-Alben und zahlreichen Hits wie „Such a Shame“ oder „Living in Another World“ driftete die Band um den genialen Sänger, Musiker und Komponisten Mark Hollis auf ihren letzten beiden Alben in immer höhere musikalische Sphären ab und löste sich 1992 schließlich im Nichts auf. Nach einer einzigen Solo-Platte verschwand auch Mark Hollis 1998 ganz aus der Öffentlichkeit – und ist danach nicht wieder aufgetaucht. 2023 ist er mit gerade 64 Jahren gestorben. (Der folgende Beitrag stammt ursprünglich aus dem Jahr 2012.)
„Der Würfler“ (orig. „The dice man“) ist ein Roman des amerikanischen Schriftstellers George Cockcroft, den er unter dem Pseudonym Luke Rheinhart veröffentlicht hat. Er handelt von einem Psychiater, der aus lauter Überdruss beginnt, seine Entscheidungen auf Grundlage eines Würfels zu treffen und damit einen regelrechten Kult auslöst, der die Grundfeste der Gesellschaft erschüttert. Mark Hollis nahm das Buch als Inspiration für den größten Hit seiner Band: „Such a Shame“
The dice decide my fate
And that’s a shame
In these trembling hands my faith
Tells me to react, I don’t care
Auch Mark Hollis wollte ursprünglich einmal Psychologe werden, brach das Studium 1975 im Alter von 20 Jahren wieder ab und gründete 1977 in London die Band „The Reaction“. Bereits damals entstand eine Demo-Version des Songs, der seiner späteren Band ihren Namen geben sollte: „Talk Talk Talk Talk“ hieß der Titel ursprünglich. Daraus wurde der Name (und gleichnamige erste Hit) der Band: „Talk Talk“, was in etwa soviel heißt wie „Gerede und Geschwätz“.
Anfangs noch mit Bands wie „Duran Duran“ verglichen – nicht zuletzt wegen der Wortwiederholung im Band-Namen, aber auch wegen desselben Produzenten (Colin Thurston) – entwickelten „Talk Talk“ schnell ihren eigenen Stil, der wesentlich von Mark Hollis’ eindringlicher Stimme geprägt war. Der eher unscheinbare, klein gewachsene Sänger hatte ein Repertoire, das von einem leisen, fast zitternden Stimmchen plötzlich zu einem explosiven „Organ“ wechseln konnte. Ähnlich wie der musikalische Rhythmus vieler seiner Songs, der oft vorsichtig und zurückhaltend, fast unterdrückt begann, um dann schlagartig loszulegen.
Durch seinen großen Bruder, den DJ und Band-Manager Ed Hollis, hatte Mark Hollis seine neuen Mitmusiker kennengelernt: den Drummer Lee Harris und den Bassisten Paul Webb. Ergänzt wurden die drei auf ihrem ersten Album „The Party’s Over“ noch von Keyboarder Simon Brenner, der die Band aber bereits danach wieder verließ, weil Hollis weniger Synthesizer einsetzen und sich nicht in die Schublade „New Wave“ oder „New Romantic“ stecken lassen wollte.
Eine Tendenz, die er auf jedem weiteren Album solange verfolgte, bis die synthetischen Klänge schließlich ganz aus der Musik von „Talk Talk“ verschwunden waren. In Tim Friese-Greene, der selbst niemals live mit der Band auftrat und nicht einmal als offizielles Mitglied fungierte oder auf Promotion-Fotos zu sehen war, fand Mark Hollis 1983 seinen kongenialen Kompositions-Partner und Produzenten.
1984 bis 1986 waren die erfolgreichsten Jahre der Band. Das zweite Album mit dem trotzigen Titel „It’s my Life“ wurde der größte kommerzielle Erfolg von „Talk Talk“ und lieferte mit „Dum Dum Girl“, „Such a Shame“, dem Titelsong „It’s my Life“ und „Tomorrow started“ gleich 4 Hits ab. Dazu der traumhaft schöne Album-Track „Renée“, Höhepunkt jedes Live-Konzerts.
Auf der großartigen Tour zum dritten Album „The Colour of Spring“ mit wiederum 4 erfolgreichen Single-Auskoppelungen („Life’s what you make it“, „Living in Another World“, „Give it up“ und „I don’t believe in you“) befand sich die Band auf dem Zenit ihrer Karriere.
Aber es gab auch bereits erste Ansätze auf „The Colour of Spring“, die erahnen ließen, wohin die weitere Reise gehen sollte: das Stück „April 5th“ beispielsweise, dessen Textzeile „Waiting for the colours of spring“ dem Album seinen Namen gab – mehr Klang-Collage als Song-Struktur.
Es waren keine Würfel, die Mark Hollis einen anderen Weg einschlagen ließen als den von der Plattenfirma EMI gewünschten. (Oder vielleicht doch?) Nach den kommerziellen Erfolgen der Band hatte er sich das Recht erworben, tun und lassen zu können, was er wollte. Und genau das tat er jetzt, verzog sich in eine alte Kirche nach Suffolk, tüftelte dort monatelang an neuen Songs, ließ sich nicht mehr in die Karten gucken – und zahlreiche Fertigstellungstermine verstreichen.
Das Ergebnis war 1988 „The Spirit of Eden“, ein von den Kritikern als Meisterwerk gefeiertes Album – und ein kommerzieller Selbstmord: sechs Stücke in Überlänge, die aus mehrstündigen Improvisationen zu einem Gesamtkunstwerk abgemischt worden waren, das heute noch als wegweisend gilt, aber beim breiten Publikum durchfiel. Eigentlich ein Jazz-Album, an dem auch der Violinist Nigel Kennedy und der Stockhausen-Jünger Hugh Davis als Studio-Musiker maßgeblichen Anteil hatten.
„The Spirit of Eden“ ließ eigentlich keine Single-Auskoppelung mehr zu. Als EMI – gegen den Willen von Mark Hollis – dennoch das Stück „I believe in you“ auf den Markt brachte, kam es zum Zerwürfnis zwischen Band und Label.
Für Mark Hollis war der Weg frei zum Polydor-Jazz-Label „Verve“ und dem letzten, nun völlig entrückten Album von „Talk Talk“: 1992 erschien mit „The Laughing Stock“ sozusagen noch die Steigerung von „The Spirit of Eden“. Das war das Ende von „Talk Talk“. Nachdem Bassist Paul Webb die Band bereits nach „Eden“ verlassen hatte, kündigte nun auch Schlagzeuger Lee Harris dem völlig vergeistigten Mark Hollis endgültig seine Gefolgschaft auf. Co-Autor, Produzent und Keyboarder Tim Friese-Greene verabschiedete sich so unauffällig wie er zu der Band gekommen war.
Den Abgesang seiner Karriere schrieb Mark Hollis schließlich 1998 mit einem nunmehr völlig introvertierten Solo-Album: „Mark Hollis“. Außer ihm gab es nur noch David Sylvian, den ehemaligen Sänger der Band „Japan“, der sich so etwas erlauben konnte. Danach zog sich der geniale Sänger, Musiker und Komponist völlig aus der Öffentlichkeit zurück und lebte mit Frau und zwei Kindern in London.
Nur ein einziges Foto aus dem Jahr 2004 zeugte davon, dass Mark Hollis überhaupt noch existierte. Es zeigt ihn und den BMI-Manager Nick Robinson bei der Übergabe eines Awards. Die amerikanische Band „No Doubt“ hatte den Talk Talk-Hit „It’s my Life“ 2003 erfolgreich ge-covert und Hollis wurde als Autor des Songs geehrt.
Gondwana, der Klangkontinent.
Gondwana war einmal der südliche Teil des Urkontinents Pangaea (Laurasia war der nördliche). Gondwana umfasste in etwa die heutigen Erdteile der Südhalbkugel, von Südamerika über Afrika, Arabien und Indien bis Südostasien, Australien und Neuseeland. Und natürlich die heutige Antarktis.
Das Ganze ist ca. 150 Mio Jahre her. Nicht ganz so alt ist das Jazz-Label Gondwana aus Manchester. Kopf des Unternehmens ist der Jazz-Trompeter Mathew Halsall. Dem Musikmagazin SPEX erzählte er, wie es dazu kam:
Den Namen habe ich vom Möbelladen meiner Mutter übernommen, in dem ich ab und zu aushalf. Ihre Idee war es, Stücke aus aller Welt an einem Ort zusammenzuführen. Wie der Superkontinent Gondwana eben, in dem zwei Platten kollidierten. Der Gedanke gefiel mir sehr!
Klingt etwas esoterisch, ähnlich wie die Musik einiger Jazz-Bands, die sich unter dem Label Gondwana zusammengefunden haben: GoGo Penguin, Portico Quartett, Mammal Hands und natürlich Mathew Halsall selbst mit seinem Gondwana Orchestra (um nur die bekanntesten zu nennen).
Sie alle klingen durchaus meditativ und spirituell, auf jeden Fall aber minimalistisch und sehr melodisch. Tatsächlich haben sie den Jazz mit Elementen aus allen möglichen modernen Stilrichtungen (Electronica, Ambient, Trip-Hop …) angereichert, so dass man sie im klassischen Sinne nicht einmal mehr Jazz-Bands nennen kann. Oder eben erst recht.
Kristallisationspunkt der späteren Gondwana-Bands war Matt and Phreds, ein Jazz-Club in der Tib-Street im Nothern Quarter, dem Szeneviertel von Manchester.
Manchester und Musik – auch das ist eine lange Geschichte mit vielen populären Bands von den Hollies in den 60er Jahren über 10cc in den 70ern, den Smiths in den 80er und Oasis in den 90er Jahren. Aber Jazz?
GoGo Penguin
Die heute wohl erfolgreichste Band des Gondwana-Labels – das Trio GoGoPenguin – versagt sich denn auch den traditionellen Vergleichen. Dazu schrieb Josef Engels in der WELT:
In der Tat sind die Stücke von GoGoPenguin vom klassischen Pianotrio-Jazz eines Bill Evans ungefähr so weit entfernt wie ein Kurbeltelefon zum iPhone.
Inspiriert sehen sich Pianist Chris Illingworth, Kontrabassist Nick Blacka und Schlagzeuger Rob Turner denn auch weniger von Jazz-Größen wie Miles Davis, Herbie Hancock oder John Coltrane, sondern eher von der Minimal-Music eines Steve Reich, John Cage oder John Adams. Aber auch hier scheitert letztlich jeder Versuch, GoGoPenguin in eine Schublade zu stecken. GoGoPenguin klingen eben wie GoGoPenguin.
Gondwana Orchestra feat. Josephine Oniyama
Das kann man auch von Josephine Oniyama behaupten, die gelegentlich als Sängerin und Teterin das Gondwana Orchestra begleitet und einem der, wenn nicht dem schönsten Song der Band ihre unnachahmliche Stimme gegeben hat: „Into Forever“ ist der Titel des gleichnamigen Albums des Gondwana Orchestras von Mathew Halsall, der das Stück komponiert hat und selbst eine wunderbare Trompetenbegleitung beisteuert.
„Into Forever“ gehört neben den beiden GoGo-Penguin-Alben „v2.0“ und „Man Made Object“ zu den besten Veröffentlichungen des Gondwana-Labels. (Das dritte Album von GoGo-Penguin ist 2018 beim Major-Jazz-Label Blue Note erschienen – nach dem Gewinn des britischen Mercury Price der endgültige Ritterschlag für jede Jazz-Band.)
Portico Quartett
Schon etwas länger im Geschäft, ebenso häufig ausgezeichnet (Mercury Prize für das Debütalbum „Knee-Deep in the North-Sea“), aber letztlich noch ohne den ganz großen Durchbruch ist die Gondwana-Band Portico Quartett.
Zwischenzeitlich auf ein Trio und den Namen Portico geschrumpft, machten sie vor allem durch ein Album mit Gastsänger Joe Newman (alt j) auf sich aufmerksam, sind aber mittlerweile wieder als Quartett unterwegs: Keir Vine (Hang), Jack Wylli (Saxophon, Klavier), Duncan Bellamy (Schlagzeug, Klavier), Milo Fitzpatrick (Kontrabass). Die vier Jazz-Musiker waren die ersten, die diesen minimalistischen und melodischen Manchester-Style kreierten und gleichzeitig die Hang – damals noch in der Besetzung mit Nick Mulvey – als Jazz-Instrument salonfähig machten.
Mammal Hands
Wer das Festival in Montreux oder das alljährliche Haldern Pop zu schätzen weiß, kennt wahrscheinlich auch Mammal Hands, die dritte Band im Bunde der Manchester-Jazz-Ikonen. Anders als bei den eindeutig Klavier- und Rhythmus-dominierten GoGoPenguin, aber ähnlich dem multiinstrumentellen Portico Quartet ist bei Mammal Hands das Saxophon von Jordan Smart das tonangebende Solo-Instrument, das zu Beginn eines Stücks perfekt mit der Grundmelodie harmoniert, die Bruder Nick Smart auf dem Klavier intoniert, um sich dann im weiteren Verlauf davon zu lösen und frei zu improvisieren. Einziges Rhythmus-Instrument ist das Schlagzeug von Drummer Jesse Barnett. (Der Bass fehlt bei Mammal Hands.)
Alle drei Bands – und rechnet man das Gondwana Orchestra von Mathew Halsall dazu: sogar alle vier – interpretieren modernen Jazz unterschiedlich, aber dennoch vergleichbar. So gesehen gibt es durchaus einen Gondwana-Sound, der diese Bands zu einem Klangkontinent aus verschiedenen „Platten“ verbindet. Und Manchester zur Hauptstadt dieses musikalischen Erdteils macht.